Zürich, im Dezember 1969,
Mein lieber Freund Oswaldo Sasso,
Du ersuchst mich, als Beitrag zum 20jährigen Jubiläum etwas über die Entstehungsgeschichte und insbesondere über diejenige des Namens Europiano zu berichten, was ich hier gerne tun will.
Diese „Namens-Geburt" fand im Jahre 1959, anläßlich eines internationalen Fachkurses, in Rorschach statt. Die Vereinigung selber wurde im Jahre 1950 gegründet, wobei ihr damals die Bezeichnung „Europäischer Verband der Klavierfachleute und -Stimmer" gegeben wurde. Zweck dieses Verbandes war, Klaviermacherkollegen aus möglichst vielen Ländern zu sammeln, Fachveranstaltungen durchzuführen, sich gegenseitig kennen und verstehen zu lernen und bei genügender Mitgliederzahl die Gründung nationaler Verbände einzuleiten.
Du kannst Dir ja vorstellen, wie mancher gute Liter als „geistige Untermauerung" die vielen Sitzungen, diesseits und jenseits des Rheines, berieseln mußte, bis all die internationalen Fäden gesponnen waren.
Die Initianten und großen Kräfte jener Epoche waren unser verstorbener Ehrenpräsident Albert Hafner, Thalwil, Oberstudienrat Karl Jung, Heilbronn, und Euro-Präsident Hans Ramseyer, Basel.
Nachdem sich nun einige Landesverbände gebildet hatten, fanden wir das gleichzeitige Bestehen eines europäischen Verbandes von Einzelmitgliedern nicht mehr zweckentsprechend, dagegen eine europäische Dachorganisation der Landesverbände als sehr dringlich, besonders zur Durchführung von anspruchsvolleren Fachkursen, zur Herausgabe einer gemeinsamen Fachzeitschrift, der Herbeiführung internationaler Gespräche, weiteren Gründungen von Landesverbänden usw.
Die Umplanung des europäischen Verbandes war also eines der Haupttraktanden für die Generalversammlung 1959 in Rorschach. Persönlich konnte ich mich aber auch mit der bisherigen Verbandsbezeichnung nicht mehr befreunden, fand aber keine weiteren Interessenten für eine Namensreform. Auf Grund der Erkenntnisse, daß ein Name nicht zu lang sein darf, den entsprechenden Sinn darzustellen hat, gut auszusprechen und wohlklingend sein soll, grübelte ich in der Nacht vor der Versammlung vor- und rückwärts nach einem Namen, bis mir das Europiano plötzlich eindeutig und abgeklärt vor Augen stand. Ich wußte, dies und nichts anderes ist die künftige Bezeichnung für den Europäischen Dachverband der Klaviermacher-Fachverbände.
Etwas Mühe hatte ich anderntags, der Versammlung mein „Produkt", welches sechs Vokale und nur drei Konsonanten aufweist, mundgerecht zu machen. Nachdem ich aber alle Vorteile dieses Namens erläutert und denselben an der Wandtafel groß aufgezeichnet hatte, schlug die anfängliche Scheu gegen das Neue, auch bei den Versammelten um ins Bejahende.
So hat der junge Sproß, der unserem Berufsstande dienen und zugleich einen bescheidenen Beitrag zur Völkerverständigung leisten soll, seinen jetzigen Namen erhalten.
Mit herzlichen,
Grüßen Dein Armin Jacobi.